Der Preis sinkt nicht per Gesetz

Der Preis sinkt nicht per Gesetz

Das neue „Günstiger-Strom-Gesetz“ soll die Strompreise in Österreich senken. Doch: Die größten Preistreiber Wetter und fossile Importenergie liegen außerhalb der unmittelbaren Einflussmöglichkeiten der Regierung.

Wetter und Strommix: Der Preis entsteht dezentral

Der Strompreis hängt heute stark davon ab, wie viel erneuerbare Energie gerade zur Verfügung steht: Photovoltaik, Windkraft und Wasserkraft können bei gutem Wetter viel Strom erzeugen. In solchen Zeiten könnte Strom sehr günstig sein, vorausgesetzt die erneuerbare Energie wird dann auch genutzt.

Fossile Energie, also Strom aus Gas und Kohle, die gelegentlich notwendig ist, wird oft importiert und ist somit von globalen Marktpreisen abhängig. Solche Energie liegt nicht in der direkten Entscheidungsmacht der heimischen Regierung; sie kann weder Wetter beeinflussen noch internationale Preise dauerhaft steuern.

Warum ein Gesetz allein nicht reicht

Zwar sieht der Gesetzesentwurf Schritte vor, etwa eine Preissenkung oder Entlastung bestimmter Haushalte, doch sie greifen nicht tief genug. Selbst Expert:innen warnen: Die Hoffnungen vieler Verbraucher:innen seien überzogen, denn nur ein Teil der Maßnahmen wird die Endkund:innen überhaupt erreichen.

Wenn die Regierung Strom wirklich günstiger machen will, müsste sie die Nutzung dynamischer Stromtarife empfehlen, um das Verbrauchsverhalten gezielt in Zeiten zu verschieben, wo viel günstiger, grüner Strom verfügbar ist.

Smart Meter & Infrastruktur: Die Basis ist da aber wird sie genutzt?

Interessanterweise existiert inzwischen eine nahezu vollständige technische Grundlage in Österreich, um Strom flexibel und effizient zu nutzen, durch den Rollout intelligenter Stromzähler (Smart Meter).

Was gemacht wurde:

  • Ende 2024 waren 6,53 von 6,74 Mio. Zählpunkten mit Smart Metern ausgestattet, das sind 96,9 % der Haushalte.

  • Der Gesetzgeber hat mit der Intelligente Messgeräte-Einführungsverordnung (IME-VO) den Zähler-Austausch verbindlich vorgeschrieben.

  • Der jetzt begonnene Rechtsetzungsprozess um die nächste Generation „Smart Meter 2.0“ soll sicherstellen, dass alle zukünftigen Anforderungen des Strommarkts abgedeckt werden. Von Speicherung über Datenübertragung bis zur Marktkommunikation.

Aber: Die Nutzung bleibt hinter dem Potenzial zurück

  • Laut aktuellen Zahlen haben nur etwa 12,6 % der Haushalte eine sogenannte Opt-in-Variante aktiviert, bei der Viertelstundenwerte übermittelt werden.

  • Viele Menschen wissen gar nicht, dass sie bereits einen Smart Meter haben. Eine Umfrage 2025 zeigte: nur rund 38 % gaben an, zu wissen, dass sie mit einem Smart Meter ausgestattet sind.

  • Ohne aktiviertes Opt-in bleiben die Vorteile wie Spitzenstromvermeidung, zeitliche Verschiebung des Verbrauchs, günstigere Netzentgelte, ungenutzt.

Das heißt: Die Infrastruktur steht aber wir nutzen sie kaum. Und genau das verhindert, dass erneuerbare Stromüberschüsse effizient und kostensparend eingesetzt werden.

Warum der Gesetzesentwurf beim Netzzugang und der Abregelung ein falsches Signal sendet

Gerade in diesem Kontext wirkt der Entwurf des Günstiger-Strom-Gesetzes widersprüchlich:

  • Während der Smart Meter Rollout abgeschlossen ist und technisch flexibelere Stromnutzung möglich wäre, gibt es Teile des Gesetzes, die Netzeinspeisung bzw. Einspeise­vergütungen für erneuerbare Anlagen neu regeln, mit Auswirkungen auf PV & Co. Laut Kritik könnten diese Regelungen den Zugang erschweren und damit genau das ausbremsen, was ausgebaut werden müsste: saubere Energie und gemeinschaftliche Stromprojekte.

  • Damit entsteht der Eindruck, dass die Regierung nicht weiß, wohin mit günstigem PV-Strom oder, dass sie ihn lieber regulieren möchte, statt ihn marktwirtschaftlich und verbraucherfreundlich zu nutzen.

Das ist aus Sicht vieler Akteur:innen ein klarer Rückschritt, besonders wenn man bedenkt, dass der technische Ausbau längst geschafft ist und der Nutzen durch dynamische Tarife heute realistisch wäre.

Was stattdessen getan werden müsste: Dynamische Tarife & Verbrauchsmobilisierung

Wenn das Ziel lautet, Haushalte wirklich langfristig zu entlasten und gleichzeitig Netz und Infrastruktur zu entlasten, dann liegt der Schlüssel in der Mobilisierung und dem Verbrauchsverhalten, nicht in gesetzlichen Eingriffen in den Preis.

Dynamische Tarife statt Fixpreise

  • Durch Smart Meter und moderne Infrastruktur könnten dynamische Stromtarife flächendeckend umgesetzt werden.

  • So wird günstiger Strom (z. B. bei viel PV- oder Windenergie) genutzt; teure Spitzenlasten werden vermieden.

  • Solche Tarife schaffen echten Anreiz, Verbrauch gezielt zu verlagern und entlasten damit sowohl Verbraucher:innen als auch das Netz.

Politische Aufforderung statt Regulierung

  • Die Regierung sollte nicht mit Subventionen arbeiten, sondern Haushalte aktiv motivieren, ihren Verbrauch flexibler zu gestalten.

  • Ein Strompreisdeckel auf einen Spottarif könnte dabei helfen, die Angst vor Preisspitzen zu nehmen und gleichzeitig den Anreiz für zeitlich schlauen Verbrauch erhöhen.

  • So würde günstiger, grüner Strom tatsächlich dann genutzt, wenn er verfügbar ist, was Kosten spart und das Netz stabilisiert.

Fazit: Gesetz alleine reicht nicht, es braucht Bewegung bei Verbrauch und Infrastruktur

Das Günstiger-Strom-Gesetz ist gut gemeint. Aber: Es greift zu kurz und adressiert vor allem die falschen Stellschrauben. Denn der Strompreis wird in Österreich heute nicht primär durch staatliche Regulierung bestimmt, sondern durch den Mix aus erneuerbarer Energie, fossilen Importen und dem aktuellen Wetter.

Gleichzeitig existiert mit dem Smart-Meter-Rollout eine funktionierende technische Basis, auf der moderne, flexible Stromtarife möglich sind, doch wir nutzen sie kaum.

Wenn die Regierung wirklich will, dass Haushalte weniger zahlen und das Netz effizienter wird, sollte sie nicht versuchen, Preise zu drücken, sie sollte Verbrauch und Angebot besser aufeinander abstimmen. Das heißt: dynamische Tarife als neuen Standard einführen, den Verbrauch in günstigen Stunden fördern und den Ausbau erneuerbarer Energie gezielt unterstützen.

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